Blickpunkt - Artikel

Ernährung bei Schichtarbeit

Ein Fünftel der Arbeitnehmer in westlichen Industrieländern sind im Schichtdienst tätig. Freizeit und Gemeinschaftserlebnisse leiden darunter, der tägliche Nährstoffbedarf gerät zunehmend aus der Balance. Die Tätigkeit gegen die innere Uhr erfordert eine Anpassung  an biologische Rhythmen und Organfunktionen. Schichtarbeiter sind häufiger als andere Berufstätige von Schlafproblemen, Müdigkeit, Appetitstörungen und insbesondere von Magen-Darm- bzw. Herz-Kreislauf-Erkrankungen betroffen. Oftmals werden Vorzeichen und Krankheitssymptome nicht genau lokalisiert oder erst zu spät wahrgenommen. Mit Aufklärung und Anpassung der Ernährung an das Schichtsystem sowie Aufbau von Rhythmusgebern können jedoch Leistungsfähigkeit, Freizeit und Familienleben verbessert und die Krankheitsrate reduziert werden.

Spezielle Ernährungsempfehlungen bei Schichtarbeit - warum?

Müdigkeit, Schlaf und Nahrungsaufnahme beeinflussen sich gegenseitig. Dadurch sind Rhythmusstörungen wie Magen-Darmprobleme und kardiovaskuläre Abweichungen, die am häufigsten diagnostizierten Störungen bei Schichtarbeitern. Als Ernährungsempfehlung helfen da Pro-/und Contra-listen wenig, vielmehr kommt es auf die Mahlzeitenzusammensetzung und den Zeitpunkt an, wann was gegessen wird.

Physiologische und psychologische Bedingungen

Alle Körperfunktionen des Menschen unterliegen einem Tages- und Nachtrhythmus, d. h. es gibt Maxima und Minima innerhalb von 24 Stunden sowie andere Rhythmen die monatlichen oder Jahreszeit abhängigen Intervallen unterliegen. Der innere Rhythmus, auch als innere Uhr bezeichnet, wird von der Lichtstärke der Sonne (s. Lux-Zahl) getriggert und ist daher nur schwer zu beeinflussen. Während der Nacht sinken Puls und Blutdruck sowie alle zur Verdauung gehörenden Funktionen beispielsweise die Leberleistung. Ein absolutes Leistungstief stellt sich gegen ca. 3 Uhr nachts ein. Zu diesem Zeitpunkt muss der Organismus vom Zucker- und Fettstoffwechsel auf den Eiweißstoffwechsel umschalten. Dabei sinken die Aufmerksamkeit, die Konzentrationsfähigkeit und das Durchhaltevermögen. Je weniger die der Ernährung tagsüber darauf abgestimmt wurde, desto stärker ist der Leistungsabfall in dessen Folge es zu psychischen wie körperlichen Überlastungen kommt, das Unfallrisiko steigt.

Nachfolgende Empfehlungen wurden auf Grundlage der Schulungsreihe „Besondere Ernährungsempfehlungen für Nachtschichtarbeiter“ der DGE sowie aus Erfahrungswerten mit Schichtarbeiter erstellt. Diese werden jedoch vor Ort auf die einzelnen Arbeitserfordernisse, Alter und Nationalität der Belegschaft etc. angepasst und mit konkreten Tipps, Rezepten und Einkaufslisten für die Umsetzung gemäß Familiensituation oder Haushaltskenntnisse ergänzt.

Siehe dazu: 
Modell „GeSchichtete Ernährung für Schichtarbeiter“ 
für Selbstwirksamkeit / Selbstverantwortung / Teamverständnis

  • Für verschiedene Schichtmodelle, Alter und Nationalität der Mitarbeiter
  • standortübergreifend koordinierte Maßnahmen und Aktionen
  • ein Gesundheitsförderungsmanagement, von dem alle profitieren.

Empfehlungen für die Ernährung in der Wechselschicht  Die ¼-Regel

Arbeitszeiten in der Regel für die Frühschicht zwischen 6 Uhr und 14 Uhr, 
für die der Spätschicht zwischen 14 Uhr und 22 Uhr.

Frühschicht:

  • Während der Arbeitszeit 2 Mahlzeiten einnehmen, 
    eine Zwischenmahlzeit am Vormittag und eine warme Hauptmahlzeit am Mittag.

  • Die Hauptmahlzeit entspricht dem Mittagessen der Normalschicht, 
    für die Zwischenmahlzeit gelten die Empfehlungen der Nachtschicht.

Spätschicht:

  • Eine Zwischenmahlzeit am Nachmittag, bevorzugt eiweißreich; 
    das Abendessen kann als Kaltverpflegung oder leichte Suppe während der Arbeitszeit eingenommen werden.

Empfehlungen für die Ernährung in der Nachtschicht   Die 1/3-Regel

Bei der Nachtschicht wird von einer Arbeitszeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr ausgegangen.

Günstig erwiesen hat sich ein leichtes Abendessen vor Arbeitsaufnahme um ca. 19 Uhr und 20 Uhr 
 z.B. Eintopf mit Rindfleisch, Schnitzel ca. 150 – 180 g ohne Panade mit Kartoffelbrei und Salat. 
 Auch ein eiweißreicher Quarkauflauf z.B. mit Pilzen und Schinken ist gut geeignet.

Während der Nachtschicht 2 Mahlzeiten (1 warme Suppe gegen Mitternacht, sparsam gesalzen, 
sowie 1 Zwischenmahlzeit 2 Stunden vor Arbeitsende).

Der Nachtschichtarbeiter darf vor der Arbeitsaufnahme ein (normal) großes Stück Fleisch essen; jedoch sollte die hohe Eiweißaufnahme abends durch möglichst fleischlose, ballaststoffreiche Kost tagsüber ausgleichen!
z.B. Gemüsesalat mit Mais u.ä., Eintopf ohne Fleisch oder Wurst,

Die Nachtverpflegung sollte möglichst leicht und bekömmlich sein d.h. kleine Häppchen, Gekochtes statt Gebratenes z.B. Gemüsesalat aus Brokkoli und Schafskäse, Kartoffelsalat (nur falls ausreichend Kühlmöglichkeit vorhanden ist). Der Energiebedarf eines Nachtschichtarbeiters unterscheidet sich nicht von dem eines Tagarbeiters. Wichtig ist hingegen eine angepasste, veränderte Verteilung der Energie- zufuhr (siehe Tabelle 1).

6 Mahlzeiten

Uhrzeit

Empfehlenswerte Energiemenge in %

Frühstück 
nach der Heimkehr von der Schicht

7.00

12

Mittagessen – reich an Gemüse

12.00-13.00

25

Vesper – möglichst knackig

16.00-17.00

10

Frühes Abendessen - eiweißreich

19.00-20.00

20

1. Nachtmahlzeit

0.00-1.00

25

2. Nachtmahlzeit - Milchprodukte

4.00-5.00

8

Die Zwischenmahlzeiten verhindern ein zu starkes Absinken des Blutzuckerspiegels, wodurch Leistungsfähigkeit und Konzentration ungünstig beeinflusst werden. Ausschließlich Kaltverpflegung in der Nacht ist weniger geeignet, jedoch kann eine gute Suppe, die auch in der Thermosflasche mitgenommen werden kann, eine Tellermahlzeit ersetzen. 
Eine warme Mahlzeit, gut mit verdauungsförderlichen Gewürzen abgeschmeckt, gibt besonders nachts das Gefühl innerer Erwärmung und Belebung. Sind hingegen die Arbeitsräume aufgrund von Abwärme der Maschinen bereits nahe 20° C oder darüber so sind auch kalte Speisen, Fruchtsalate und Tee empfehlenswert.

Die beiden Hauptmahlzeiten (Mittag- und Abendessen) des Tages sind möglichst in jeder Schicht zur gleichen Uhrzeit mittags und amfrühen Abend einzunehmen.

Nach Schichtende kann ein kleines leichtes Frühstück eingenommen werden. Auch ein Gemüse-Obst-Smoothie oder Milch mit feinen Haferflocken ist ideal.

Tipps für die Praxis

  • Je höher die Arbeitsbelastung desto feiner zerkleinert  sollte die Speise sein; 
    Gekochtes ist dem Rohgemüse oder frittierten Speisen vorzuziehen.
  • Warme Hauptmahlzeit: fettarme Zubereitungen von magerem Fleisch und magerem Fisch 
    oder Eier, kombiniert mit Kartoffeln in fettarmer Zubereitung, Reis sowie Gemüse und Salate.
  • Als leichte Zwischenmahlzeit eignen sich Milch und Milcherzeugnisse mit Haferflocken, Obst und leichte Nudel- oder Reissalate d.h. keine Mayonnaise verwenden.
  • Möglichst einige Stunden vor dem Schlafengehen keinen Kaffee/schwarzen Tee mehr trinken; ein Espresso unmittelbar vor dem Schlafengehen kann jedoch bei Personen mit niedrigem Blutdruck das Einschlafen verbessern.
  • Eine gemeinsame Mahlzeit mit der Familie oder dem Partner pro Tag ist wichtig!
  • Feste Rhythmen einhalten s. Essenszeiten und Pausen, Schlafenszeit etc. auch über die Wechselschicht.
  • Keine alkoholischen Getränke am Arbeitsplatz – Unfallgefahr!
  • Regelmäßigkeit im privaten Bereich ist wichtig um innerlich nicht aus dem Tritt zu kommen, z. B. nach Schichtende immer gleicher Ablauf, zur gleichen Zeit zu Bett gehen und zu einer festen Zeit aufstehen.
  • Nach der Arbeit nicht sofort zu Bett gehen, sondern sich etwa 30 Min. Zeit nehmen um abzuschalten, z. B. noch einen kleinen Spaziergang machen oder sich dehnen, strecken, lockern – das macht nur kurzfristig frisch, verbessert den Schlaf aber beträchtlich.
  • Tagsüber möglichst viel frische Luft und Sonne genießen. Schauen Sie dabei bewusst mit den Augen in das Blau des Himmels, diese Lichtfrequenzen regeln die biologischen Rhythmen.

Fazit

Schichtarbeit stellt eine besondere Beanspruchung dar. Die Empfehlungen für die Ernährung weichen für die einzelnen Mahlzeiten daher von den üblichen Empfehlungen ab. Erst in der Wochensumme ergeben sich dieselben Empfehlungen wie für reine Tagarbeiter. Eine ausgewogene Ernährung und die Anpassung der Mahlzeiteneinnahme an die Arbeitszeiten können Störungen im Magen- und Darmbereich vorbeugen sowie die Leistungsfähigkeit im Beruf wie auch privat steigern. Ein brauchbares und evaluiertes Angebot stellt dazu das Modell „GeSchichtete Ernährung für Schichtarbeiter“ dar.

Modell “Geschichtete Ernährung für Schichtarbeiter”, Literaturhinweise

Pages